Slov ant Gali - Utopische Literatur, Lyrik und Erzähltes

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Teil 1: Die Ankunft der Breeze

 

Ela Lasen

Nur nichts fragen!

Ela versucht sich zu konzentrieren, sich zu besinnen, zu beruhigen. Was ist mit ihr nicht in Ordnung? Ist sie verletzt? Zumindest spürt sie keine Schmerzen. Weiter: Was weiss sie über den Platz um sie herum? Sie liegt auf einer Wiese. Die Gewächse haben einen Stängel und sind grün. Ein Zeichen für Photosynthese. Für Heimat, Erde. Die Stängel wachsen gerade nach oben, zur Sonne. …Sonne?

Was soll denn das da oben sonst sein?

Auf jeden Fall haben diese Sonne und die Pflanzen eines gemeinsam: Sie sind Ela fremd. Alles wirkt, als wäre es ein Albtraum, aus dem sie hoffentlich bald wieder aufwacht.

Langsam juckt es immer stärker, so als läge Ela auf einem Ameisenhaufen. Am Rücken ist die Kleidung zerfetzt. Ela merkt das jetzt erst. Ihr graust. Sie träumt also nicht, und wenn ihre Sinne so allmählich wiederkommen, dann muss etwas passiert sein. Ein Schlag auf den Kopf, ein Unfall, Sturz, eine OP… Etwas, woran sie sich nicht erinnern kann. Dann stehen ihr wahrscheinlich weitere Überraschungen bevor … Sie begreift noch nicht einmal, womit sie bekleidet ist. Auf jeden Fall schützt sie der hinten offene Anzug nicht vor dieser Schilfwiese. Ja, diese seltsamen Pflanzen ähneln Schilf. Aber was …

Gelandet… Der Wortfetzen drängt sich in ihr Gedächtnis. Sie war in einem Shuttle…

Sie versucht sich zuzureden: Komm, Ela, steh erstmal auf! Sie stöhnt. Das kann ja heiter werden! Die Stängel wachsen dicht an dicht, mehr als einen halben Meter hoch. Ela braucht nur einen anzutippen, schon schießt er Unmengen winziger Samenpfeile auf sie ab. Sofort ist ihr Anzug milchig grün. Am Rücken, an den Händen, am Hals und im Gesicht, überall dort, wo die Haut ungeschützt ist, juckt es unerträglich.

Ela liegt inmitten einer Lichtung. Zur Krönung steht die fremde Sonne gerade im Zenit. Ihre brennend heißen Strahlen unterscheiden sich von denen der irdischen durch einen schwachen Violett-Ton. Dadurch erscheint das gesamte Bild so unwirklich.

Ela ruft sich zur Ordnung: Sieh nicht nach oben! Wieder blinkt ein Erinnerungsfetzen auf: Warum hat sie eigentlich keinen Schutzanzug an? Der ist doch Pflicht! Sie darf so nicht nach draußen. Keime, Strahlung… waren die geprüft?

Gegen die brennende Sonne kann Ela etwas tun. Die Lichtung ist von Wald umrahmt: Bäume, die oben ein ineinander verschlungenes Gewirr von Grün bilden, dass nicht zu erkennen ist, wann der eine aufhört und der andere anfängt, unten aber nackte Stämme, ähnlich wie Ela sie von durch Menschen angepflanzten Kiefern kennt. Sie muss sich nur zusammenreißen, einen Baum anvisieren, die Augen halb schließen und einfach immer geradeaus in die einmal gewählte Richtung einen Fuß vor den anderen setzen, bis sie den Waldrand erreicht hat.

Ela geht los. Nach der Hälfte des Weges ist die Hose zerfetzt, und ihre Beine brennen wie nach einem Überfall von Mörderbienen. Aber es hilft nichts. Ela überwindet auch den Rest der Strecke und sinkt erschöpft im Schatten nieder. Verunsichert überlegt sie noch immer, was mit ihr sein könnte, ob sie Fieberwahnvorstellungen hat, krank ist … Mehr als ihre heiße Stirn und die allgemeine Schwäche kann sie ohne medizinische Kenntnisse und Geräte nicht feststellen. Sie hätte wenigstens eines der Notfallsets gebraucht, das jeder aus der Mannschaft während der Einsätze bei sich trägt.

Mannschaft …? Einsätze …? Notfallset …? Die Zeit, mit der diese Begriffe verknüpft sind, kann nicht lange zurückliegen. Was ist nur geschehen? Ela will sich unbedingt erinnern, aber irgendetwas blockiert ihren Versuch.

Inzwischen ist sie furchtbar müde. Aber die Angst. Ela will unbedingt wach bleiben. Zwar hat sie bisher noch kein einziges Tier gesehen. Aber welches einheimische Lebewesen verirrte sich bei dieser Mittagshitze auf die ungeschützte Lichtung. Oder es gibt so etwas wie kollektiven Mittagsschlaf. Oder die Tiere kennen einfach das Teufelsgras. Oder alles zusammen. Vielleicht wartet aber schon ein Raubtier im Hinterhalt auf Zeichen der Schwäche seiner künftigen Beute. Auf Elas Schwäche also.

Ela fühlt sich ausgelaugt. Sollte sie diese Bäume nicht genauer ansehen? Leider gibt es unmittelbar über dem Boden wieder dichtes Buschwerk. Hier könnten sich Schlangen und andere gefährliche Tiere verbergen. Ela versucht sich auszuruhen, doch Knacken und Rascheln, Zirpen und Schreie halten sie in einem Zustand zwischen Schlafen und Wachen, bis es völlig dunkel geworden ist.

 

… „Commander, hier … also wir … der Kurs ist nicht zu halten. Wir driften auf Omega3 zu.“

„Piet, Erklärung? Gravitation oder was?“

„Nein, im Omega3-System ist nichts, was uns anziehen könnte.“

„Eine nicht natürliche Quelle?“

„Keine Daten!“

„Du musst gegensteuern!“

„Was meinst du, was ich mache? Ich halt doch schon mit vollem Schub dagegen. Wir werden trotzdem immer schneller! Unsere Leistung reicht nicht …“

Piets Gesicht. Entsetzen. Jenny hat die Augen geschlossen. Gila kreischt. Ein schwarzes Loch? Der Tod. Aber das hätten sie doch vorher erkennen müssen! Die Messgeräte spinnen. 

Jetzt sind es fünf Gesichter. Macs. Gilas. Jennys. Piets. Ihr eigenes. Ela sah in ihr Gesicht. Blitze, Druck. Es ging alles so unbegreiflich schnell.

„Ein Notsignal. Unsere Position. Wenigstens als Warnung für andere.“

„Ich bekomme keine Koordinaten mehr!“

„Gila, dann nimm die letzten, die …“

Schwere. Eine wahnsinnige Schwere. Das mussten mehr als zehn G sein. Der Tod. Ela konnte ihren Kopf nicht mehr bewegen. Alles wurde schwarz. Für einen Moment nur blitzte der Gedanke auf:

Umsonst …

 

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