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Die sieben Kugeln

 An der Spitze der Halbinsel Näswerder hätte einstmals ein Stadion entstehen sollen. Schon damals wäre es zwar zu spät gewesen, aber vielleicht noch nicht völlig zu spät, um den sich für vernünftig haltenden Bewohnern einige ruhige Erdumdrehungen mehr zu sichern. Aber man musste die Idee letztlich wegen des Grundwassers aufgeben. So verwilderte alles wieder und das so wichtige Geheimnis blieb weiter im Boden, wo es wirklich nicht hingehörte. Die Menschen aus der Stadt errichteten weiter südlich das Neubaugebiet Großer Trooch. In schneller Folge verkehrten Straßenbahnen und eine autobahnähnliche Straße zwischen ihm und den Bürgerhäusern des Stadtzentrums. Was die einen verband, schnitt die anderen ab. Auf die Halbinsel Näswerder kam man nur noch über Brücken. Eigentlich hatte sie sich in eine echte Insel verwandelt.

Hätte jene Straße gewusst, dass sie einmal der Welt, wenigstens Europa oder Deutschland, was ja fast dasselbe zu sein scheint, unbedingt aber Großberlin die weitere Existenz infragestellen würde, sie hätte von sich aus, ganz freiwillig, auf ihre Existenz verzichtet oder wenn schon, dann als Umgehungsstraße einen anderen Verlauf gefunden. So aber schnitt sie die Entwicklung Näswerders vom restlichen Mecklenburg ab, was umso schrecklicher war, da eben dieses Mecklenburg sowieso schon mindestens fünfzig Jahre nach der normalen Welt am nächsten Zwischenstopp ankam. Die Leute wollten das ja gar nicht anders. Sie duldeten alte bäuerliche Katen neben modernen Häusern im nachgemachten Friesenstil und ohne jeden Stil, Hauptsache man ließ sie in Ruhe.

Die Zeiten änderten sich aber trotzdem. Irgendwann wollte sogar jemand, den man schon von fern als Fremden erkannte, richtiger Näswerderaner werden. Er sagte zwar auch Da brögsst nich zu sstammeln – das hatte ihm seine Frau, die auf Näswerder geboren war, beigebracht – und er gab sich auch sonst große Mühe, wie einer der ihren aufzutreten. Zum Beispiel hatte er entgegen seinen Traditionen den Familiennamen Parchmann von seiner Frau angenommen. Letztlich half es ihm doch nicht. Er blieb ein Fremder. Den gemeinsamen Sohn traf das am härtesten. Ihn hatten die beiden aus der burmesischen Heimat seines Vaters mitgebracht. Da konnten sie ihm den fremd klingenden Vornamen Rahman nicht mehr wieder wegnehmen. Das wäre aber das Mindeste gewesen, um in der neuen Schule dazuzugehören.

Die Kinder waren nämlich noch ein bisschen schlimmer als ihre Eltern, und sie hatten ein eigenes Problem. Ihre Zahl auf Näswerder hatte vor langer Zeit schon nicht mehr für eine eigene Schule ausgereicht. Ein fernes Amt entschied, dass es in der Brechtschule auf dem Neubau-Trooch genug Platz für sie gäbe. Plötzlich wurden die wenigen Näswerder-Kinder in die dortigen Klassen umgeschult. Vielleicht führten sich die ersten Dorfkinder in ihren Anfangstagen an der neuen Schule wirklich komisch auf. Wer konnte das später noch überprüfen? Sicher war nur, dass die Troocher endlich jemanden gefunden hatten, an dem sie sich tagtäglich austoben konnten, Außenseiter, die sie hänseln und prügeln konnten, wann immer ihnen danach war…

1. Teil: Stochern im Nebel

Ein Vor-Spiel

Zu der Zeit, als die Parchmanns sich ansiedelten und ihren Rahman in die Brechtschule einschulten, war es für Kinder des Troochs feste Gewohnheit, fast täglich die paar Näswerderaner zu verprügeln. Jens, der den längsten Weg bis zur Straßenbahnstation Näswerder laufen musste, hatte sich wegen dieses für ihn unerträglichen Unrechts zu Hause beschwert. Warum traf das immer dieselben? Er war bei seinem Vater auf wenig Verständnis gestoßen. „Was du nur willst? Bei uns war das genauso. Ist aus mir vielleicht ein richtiger Mann geworden? Ja oder ja? Du bist nun einmal ein echtes Näswerderaner. Schon dein Großvater hat sich gegen die Troocher wehren müssen, später ich, jetzt du. Das Verlieren ist schlimm, ich weiß. Aber es hat auch echte Vorteile: Ihr lernt zusammenzuhalten. Lasst euch nicht unterkriegen, kämpft! Verliert ihr hundert Mal … das hunderterste Mal ist das entscheidende, das erste Mal, wo ihr gewinnt. Danach ist Ruhe, glaub mir.“

Was sollte Jens machen? Er sammelte die Näswerderaner Tag für Tag zu heroischen Abwehrschlachten. Aber selbst zusammen mit den Mädchen konnten sie natürlich ihre zahlenmäßige Unterlegenheit nicht ausgleichen. Immer wieder landeten sie im Dreck. Wie oft hoffte Jens, die hundert zu verlierenden Gefechte endlich hinter sich zu haben, aber es ging immer weiter wie bisher.

Da tauchte jener Rahman auf. Nein, ein Näswerderaner konnte der nicht sein. Der war anders. Der gehörte nicht dazu. Der war ein Fremder unter ihnen. So, wie sie Fremde auf dem Trooch waren, und obwohl er ihr Schicksal in der Trooch-Schule teilte.

Aber auch Rahman war stur. Er ließ sich verprügeln, ohne einen Laut von sich zu geben. Bis er es eines Nachmittags dann doch nicht mehr aushielt. Warum sollte er nicht zu ihnen gehören, zu diesen tollen Näsen? Noch dazu, wo er glaubte, einen Weg gefunden zu haben, für die anderen interessant zu werden?

Er stieg also zusammen mit sechs Näswerderkindern aus dem Schulbus aus, trennte sich aber an jenem schicksalsschweren Tag nicht sofort von ihnen, sondern er rief: „Wartet doch mal!“

Drei Jungen und drei Mädchen sahen sich abwartend zu ihm um. Mit ernstem, beinahe feierlichem Gesicht erklärte Rahman: „Wenn ihr wollt, dann zeige ich euch Wundersteine, die ich auf unserer Baustelle entdeckt habe.“

Das war zu viel! „Wundersteine, son Quatsch!“ Jens tippte sich an die Stirn.

„Du brauchst ja nicht mitzukommen“, verteidigte sich Rahman trotzig. „Aber wetten: Wenn du die erlebt hast, hebst du voll ab. Ganz starke Dinger, sag ich dir. Die musst du gesehen haben. Ehrlich!“

„Du nervst, Junge.“ Hagen musterte ihn voll Verachtung. „Wenn du uns verarschst, dann wirst sehen: Die nächste Woche kannst du nicht ohne Kissen auf ´m Stuhl sitzen.“

„Auf einmal Arschvoll mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an. Krieg ich sowieso alle Tage“, antwortete Rahman, und zumindest mit der letzten Behauptung hatte er Recht.

„Du nimmst den Mund ziemlich voll.“ Hardy war einen Schritt näher gekommen.

„Ich beweise es euch. Kommt heute um sieben zu meiner Hütte. Ihr werdet staunen.“

Die Chance, etwas Bestaunenswertes zu sehen, konnte ein echter Näsi sich nicht entgehen lassen. Als es Abend wurde, schlichen die sechs also, ohne sich abgesprochen zu haben, zu dem katenähnlichen Neubau der Parchmanns. Es dämmerte. Die Silhouetten der Häuser verwandelten sich in Scherenschnitte. Vom Abendwind wurde der faulige Geruch alter Komposthaufen zum Anger getrieben. Irgendwo kläfften wütende Köter. Gelegentlich tauchte ein Schatten auf den Bürgersteigen der Dorfstraße auf, verschwand aber sofort wieder. Mit einem Wort: Ein wenig Gänsehaut hatten die jungen Helden schon, bevor es überhaupt losging.

Rahman erwartete sie an der Pforte zum Vorgarten. Er winkte, drückte den rechten Zeigefinger auf den Mund und sah sich unsicher um. „Ist euch auch niemand gefolgt? Ihr habt doch keinem verraten, wo ihr hin seid? Das darf nicht rauskommen.“

„Spinner! Mach dir nich ins Hemd wegen deinem Hokuspokus.“ Hagen schüttelte den Kopf.

In einer Ecke des Grundstücks stand Rahmans Hütte. Die übrigen Kinder waren verunsichert. Auf Parchmanns Grundstück waren sie noch nie gewesen … und man konnte ja nicht wissen ...

Endlich hatten sich alle hineingedrängt. Jens, als Anführer, setzte sich als erster. Schließlich musste er zeigen, dass wenigstens er keine Angst hatte. Petra, die klügste und ehrgeizigste der Gruppe, quetschte sich neben ihn und Sonja, das einzige Mädchen, das früher oft, aber natürlich vergeblich versucht hatte, die Jungen von ihren Prügeleien abzubringen. Dann kam Hardy, der sich eigentlich langweilte, weil ihn nur Geschichte interessierte, genauer, nur die Zeit der Königreiche und früher, Hagen, der brummte „Na, da bin ich aber gespannt“, um sich Mut zu machen und den anderen zu zeigen, dass er welchen hatte, und die kleine blonde Lisa, die sich heimlich erhoffte, dass Rahman endlich auf sie aufmerksam würde. Als letzter kroch Rahman selbst hinterher, in der Hand eine Kugel, die er mit seinen Fingern etwa zu einem Drittel umfassen konnte. Sie hatte also ungefähr zehn Zentimeter Durchmesser. So schätzten die anderen, und bevor überhaupt mehr gesagt wurde, waren sie schon etwas enttäuscht.

Das angekündigte Wunderding war völlig unscheinbar und grau, sofern die Farbe im Dämmerlicht überhaupt festzustellen war, und obwohl Rahman sie hochhielt, fiel keinem etwas Bemerkenswertes an ihr auf.

„Wunderkugeln sehen anders aus.“ Damit sagte Hagen, was die meisten dachten.

„Na, dann nimm mal!“ wandte sich Rahman an Lisa.

„Uff!“ rief das Mädchen überrascht, nachdem sie die Kugel aufgefangen hatte. „Ist die aber leicht! Mit der bekäm sogar ich im Kugelstoßen ´ne Eins. Ein Ball aus Stein. Ist die hohl?“

Rahman zuckte mit den Achseln und Lisa reichte die Kugel weiter. Alle wogen sie in den Händen, strichen über ihre Oberfläche und stimmten Lisa zu. „Ein Stein ist es nicht“, sagte Sonja, „aber was dann?“

Hagen brummte unwillig. „Okay, etwas sonderbar, das Ding.“

Rahman war mit der Reaktion der anderen zufrieden. Er verschwand kurz und kam mit fünf weiteren Kugeln zurück. „So, jetzt könnt ihr vergleichen!“ Lisa betastete eine zweite Kugel, warf sie leicht hoch, fing sie auf und meinte: „Noch so eine.“

„Und der Rest?“ Rahman wartete ab, bis Hagen als letzter der Gruppe alle Kugeln miteinander verglichen hatte. Es gab keinen Zweifel. Alle sechs schienen absolut identisch. Dieselbe graue Farbe, die glatte Oberfläche, das geringe Gewicht – mehr Eigenschaften ließen sich beim besten Willen nicht feststellen.

  „Das werden wir gleich haben!“ Petra nahm Sonjas Kugel in die linke Hand und klopfte sie gegen ihre eigene in der rechten. Dabei entstand ein dumpfer Ton, der nicht nachhallte. „Wirklich: Hohl klingt anders“, stellte Petra nachdenklich fest. Was hätte sie sonst feststellen können?

Nun schlugen auch die anderen zweifelnd ihre Kugeln aneinander. Immer derselbe Ton. „Wenn ichs doch sage“, murrte Petra. Warum glaubten ihr die anderen nicht einfach? Dann mutmaßte sie: „Vielleicht ist was Flüssiges drin?“

„In einem Stein!? Erzähl das deiner Oma!“ Hardy tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn.

Unbemerkt war Rahman noch einmal nach draußen gegangen. Als er wieder in der Tür auftauchte, mühte er sich vorwärts wie ein alter Mann, dem die Last den Rücken gekrümmt hatte. Hardy und Hagen lachten. Rahman presste seine Kugel mit beiden Händen an die Brust. Trotzdem konnte er sie anscheinend nicht mehr festhalten. Dumpf schlug sie vor seinen Fußspitzen auf den Boden.

„Sehr witzig! Wir wissen ja nun, wie leicht die Dinger sind.“ Hagen griff lässig mit seiner Linken nach der Kugel. Pech für ihn. Nicht nur, dass er die Kugel am Boden kaum bewegt bekam, ihm fiel auch seine eigene aus der Hand. Wie von einer magischen Kraft angezogen rollte sie auf die schwere zu und blieb fest an ihr haften.

„Lasst die anderen auch los!“ forderte Rahman.

Kaum am Boden, versammelten sich die übrigen Kugeln am Körper der schweren.

„Von wegen Wunderkugeln … Wahrscheinlich ist da ein Magnet drin!“ Enttäuscht zog Petra die Schultern hoch.

„Kann sein. Vielleicht so etwas Ähnliches“, antwortete Rahman, „aber was es wirklich ist, hab ich nicht herausgefunden. Die leichten Kugeln ziehn einander nämlich nicht an.“ Etwas, was die anderen Kinder längst selbst bemerkt hatten.

„Wo hast du die denn her?“ fragte Lisa.

„Hab ich doch schon gesagt. Ausgebuddelt beim Bauen auf unserem Grundstück.“

„Wie Steine?“ Hagen sah abwechselnd mal zu dem Kugelhaufen, mal zu seinem Besitzer.

„Ausgebuddelt wie Steine. Aber dass das keine sind, merkt man ja wohl, oder?“

 „Ob die irgend wofür gut sind? Einfach so in der Erde?“ Lisa guckte etwas verträumt auf den interessanten Jungen.

„Ist doch klar. Die lagen schon lange dort. Vielleicht Kanonenkugeln aus Wallensteins Zeit.“ Hardy sprang auf. Fast wäre er mit dem Kopf an die Decke der Hütte gestoßen. Die anderen lachten.

„Du immer mit deinem Wallenstein!“ Hagen winkte stöhnend ab. „Du nervst!“

„Klar: Wallensteins Astrologe hat sie leicht gezaubert. Damit sie extra weit fliegen. Warte, ich hab einen besseren Vorschlag: Die gehörten Münchhausen. Der ist drauf geritten.“ Mit einem kräftigen Ruck löste Jens eine der Kugeln von den anderen und hielt sie sich unter den Hintern. Alle prusteten los und hielten sich die Bäuche, bis Petra aus heiterem Himmel heraus behauptete: „Die kommen aus dem Weltall!“.

Sofort verstummten die anderen. Zugestimmt hätte zwar keiner – außerirdische Kugeln, so ein Quatsch – aber faszinierend war der Gedanke schon.

Das war seine Gelegenheit. Rahman rutschte auf seinem Platz hin und her. „Es sind genau sieben – so wie wir“, sagte er mit total feierlicher Stimme. „Jeder könnte also eine behalten. Das müsste aber unser Geheimnis bleiben. Dass mir niemand davon erzählt! Vor allem keinem Erwachsenen. Die würden sie uns bestimmt nur wegnehmen.“ Alle nickten schweigend. Rahman verteilte die Kugeln. Die leichten zuerst. Lisa gab er die schwere. Er versicherte ihr, dass er sie ihr nach Hause tragen werde. So lächelte Lisa glücklich. Also mochte Rahman sie doch.

„So, und jetzt muss jeder schwören“, fuhr Rahman mit seiner Rede fort. „Wir wollen die Kugeln fürs ganze Leben sicher verwahren und keinem außerhalb unserer Gruppe davon erzählen. Von nun an treffen wir uns in jedem Jahr am selben Tag.“

War das feierlich! „Hat jemand was zum Schreiben dabei?“ Wenn Rahman in diesem Moment von jedem einen Blutstropfen verlangt hätte – er hätte ihn wohl bekommen. Selbst Hagen riss sich zusammen. Plötzlich verband sie alle ein durch unheimliche Kugeln, außerirdische vielleicht, besiegelter Bund..

Sie schwiegen einen Moment lang, blieben aber nicht mehr lange in der Hütte versammelt. Jeder nahm seine Kugel und ging.

 

Was so pathetisch begonnen hatte, hielt trotzdem den kleinsten Winden des Alltags nicht stand. Schon vor Ablauf des ersten Jahres nahm Lisas Mutter die heimlich verliebte Elfjährige zu ihrem neuen Lebenspartner nach Berlin mit. Also natürlich zum Lebenspartner der Mutter und die arme Lisa fühlte sich wie Gepäck. Kurz vor der Abreise betrachtete sie traurig die bis dahin mit vielen Tricks verborgene Kugel. Grübelte lange, bis sie eine Lösung fand, das schwere Symbol ihres Bundes wenigstens heimlich in ihrem Gepäck unterzubringen. Lisa hatte sogar daran gedacht, die Kugel Rahman zurückzugeben. Es war eigentlich doch seine. Aber was hatte er gesagt? „Sie ziehen sich an wie Magnete. So wie wir.“ Beinahe hätte Lisa ihm dafür einen ganz langen Kuss gegeben.

Ob das etwas verändert hätte? Wohl kaum, denn auch die anderen gingen getrennte Wege und mit ihnen ihre Kugeln.

Bald dachten sie nur noch ungern an ihren Bund. Hatte die damalige Szene, diese naive Begeisterung nicht etwas kindlich Naives, ja sogar Komisches? Die war doch richtig peinlich! Als ob es nicht genügt hatte, dass sie ständig wegen ihrer Herkunft verprügelt worden waren! Aber spätestens mit zwölf, dreizehn waren sie längst zu erwachsen für solche Spiele.

Zunächst trafen sie sich noch. Lisa schrieb Rahman wöchentlich einen schmachtenden Brief. Dann ungefähr monatlich. Dann kam in ihre neue Klasse ein Junge, der ungeheure Ähnlichkeit mit Porty hatte, und ohne ein Porty-Poster kam kein Mädchenzimmer aus. So gab es noch einen Brief an Rahman, um den Termin ihres Treffens zu verabreden, das nicht zustande kam.

    Die Faszination des kindlichen Schatzes ließ immer mehr nach. Die Näsies wurden inzwischen nicht mehr verprügelt. Nur das hatte sie aber vorher zusammengehalten. Rahman, Hardy und Hagen versuchten noch ein paar Mal, dem Geheimnis ihrer Wunderkugeln auf den Grund zu gehen. Wunder konnte es einfach nicht geben. Mit Steinen und Hämmern klopften die Jungen auf ihren Kugeln herum. Hardy lieh sich dafür von seinem Vater einen Körner aus, sie spannten die Kugel im Schraubstock ein… Das einzige was sie erreichten, war, dass der Körner abrutschte und Hagen ein paar Tage humpelnd herumlief. Die Kugeln ließen sich durch die Schläge nicht beeindrucken. Selbst wiederholte Flüge gegen die Granitblöcke der Kirchenmauer störten sie nicht. Im Gegensatz zu der Mauer hatten die Kugeloberflächen danach nicht einmal einen Kratzer. So etwas hatten die Jungen noch nie erlebt. Sie phantasierten ein wenig. Aber das gab sich bald wieder. Die Kugeln fristeten für Jahre ein unbeachtetes Dasein. Sie schienen sich nicht zu mehr zu eignen als zum Symbol einer endlich abgeschlossenen Kinderzeit.

 

Die Hornissen

Fast zwanzig Jahre vergingen, in denen weder die inzwischen Erwachsenen mit ihren Kugeln noch die Kugeln mit den neuen Erwachsenen etwas anstellten. Richtiger: Die nun Erwachsenen bemerkten es nicht. Das lag vor allem daran, dass sie einander nicht trafen. Also weder die Kugeln, noch die Erwachsenen.

Aus Jens, der die Kinder der Schwurgemeinschaft in so viele Kämpfe geführt hatte, war ein Kommissar Marder geworden. Mit seiner Halbinsel hatte er nichts mehr zu tun. Möglichst weg von Mecklenburg war sein Leitspruch gewesen. Allzu weit war er allerdings nicht gekommen – nur bis Sternekop, einem Dorf in der Nähe von Berlin, und sein Häuschen erinnerte verdächtig an eine der heimatlichen Katen.

Eigentlich war er total glücklich. Schließlich war er schon früher dem Traum nachgejagt, ein großer Detektiv zu werden, knifflige Fälle zu lösen und Verbrecher zu überführen. Das war zu seinem Beruf geworden. Doch er? Für die anderen Kriminalbeamten in Berlin bot er genügend Stoff zum Spott. Wenn etwas an ihm „außergewöhnlich“ war, dann höchstens seine konsequente Behäbigkeit. Er hatte geheiratet und sofort war er Vater von Zwillingen geworden. Seitdem erinnerte an ihm nichts mehr daran, dass er einmal eine wehrhafte Kindergruppe angeführt hatte. Nein, niemand stand im Kreis der Kollegen dermaßen unterm Pantoffel wie Jens Marder.

Den ganzen Freitag drückte er seinem Revier ein weltumwälzendes Gesprächsthema auf: der angesagten Gartenparty zum Geburtstag von Sina und Leonie. Den ganzen Montagvormittag berichtete er über deren Erfolg, während Janine, seine Frau, mit Aufräumen beschäftigt war.

Die beiden Mädchen waren gerade neun geworden und hatten anfangs sogar beim Hausputz geholfen. Erst in der Mittagshitze zog es sie über einen Trampelpfad hinunter zum Quadder. Das war der dank der Geräusche beim Näherkommen mit einem treffenden Namen versehene, von allen Seiten zugewachsene Teich, in dem man baden konnte und dessen einziges offenes Uferstück hinter dem Garten der Marders begann. Irgendwann unterbrach Janine ihre Putzerei. Ihr war eingefallen, dass sie unbedingt noch einiges im Dorf zu klären hatte. So bemerkte sie nicht, dass die Mädchen bald wieder auf den Hof zurückkamen. Sie ahnte es nicht einmal. Die beiden hatten also Gelegenheit, sich völlig unbeobachtet zu beschäftigen.

Dies war die Lage, als sich der geplagte Vater in seinem E-Car dem Grundstück näherte. Bei ihm hatte am Nachmittag eine anstrengende Beratung stattgefunden. Nicht, dass dabei irgendetwas herausgekommen wäre. Das hatte niemand erwartet. Aber jetzt erst, auf der Heimfahrt, gab Jens mutig die Antworten, die er in Gegenwart der anderen heruntergeschluckt hatte. Er ärgerte sich. Und auf der Bundesstraße ärgerte er sich darüber, dass er sich ärgerte. Das gehörte sich nicht. Gleich wäre er Familienvater und sonst gar nichts. Warum sollte er Janine, vor allem aber Sina und Leonie mit seiner Laune quälen? Ob da etwas ruhige Musik half? Oder ein paar Konzentrationsübungen? 

Als Jens auf den heimatlichen Hof einbog, fühlte er sich zumindest etwas entspannter. Trotzdem hätte er sich am liebsten gleich schlafen gelegt. Vielleicht wunderte er sich deshalb nicht sofort über die Szene auf dem Hof.

Endlich war es soweit. Jens stutzte. Beobachtete verwirrt die unsinnigen Bewegungen von Sina und Leonie. Was machten die denn da? Sie bewegten sich, als hörten sie eine fremde, irgendwie beruhigende Musik – so, wie er zuvor – und versuchten, dazu einen Tanz zu erfinden. Das hätte Jens noch durchgehen lassen können. Aber die beiden ignorierten ihn dabei einfach! Wie konnte das sein? 

Jens wollte aussteigen. Dabei wandte er seinen Blick nicht von den Kindern ab. In den Ohren hatten sie wohl nichts. Nein, etwas schwirrte um sie herum. Mit dem spielten sie. Keine harmlosen Schmetterlinge wie sonst. Nein, das, was die Mädchen so faszinierte, summte und war größer als Bienen oder Wespen … Hornissen, das waren Hornissen!

Verdammt, die Mädchen! Die müssen da weg! Und zwar schnell!

Jens schaltete sofort auf Dienst um. Bei Gefahr ruhig und beherrscht handeln. Die Tiere nicht reizen. Angeblich waren sie normalerweise nicht aggressiv. Aber ob die das wussten?

Jens öffnete langsam die Tür des Fahrzeugs. Wartete. Noch immer beachtete ihn niemand. Für einen Moment verharrte er – mit einer Gesäßecke noch auf dem Fahrersitz, mit einem Fuß schon draußen auf dem Boden. Seine Stimme kam ihm selbst fremd vor, als er rief: „Sina, Leo, wollt ihr euren Papa nicht begrüßen?“

Die Zwillinge drehten sich langsam zu ihm um. Auf ihren Gesichtern hatte irgendein wunderschöner Traum seine Spuren hinterlassen, von dem sie sich nicht so schnell lösen konnten – und dann liefen sie auf Jens zu.

Aber was war das? Der Schwarm folgte ihnen! Jens schwitzte. Gleich mussten die Kinder seine Aufregung bemerken, fragen, was los sei … Wären dann immer noch die Hornissenstacheln hinter ihnen her und die beiden bekämen einen Schreck und schrieen und schlügen um sich … nicht auszumalen! 

Normalerweise hängten sie sich zur Begrüßung sofort an seine Arme. Jens drehte sich dann so lange wie ein Kettenkarussell um die eigene Achse, bis er aufgeben musste, und Sina und Leonie brüllten dazu laut vor Vergnügen.

Jetzt packte Jens zuerst Leonie am Arm und drückte sie auf die Rückbank. Schon bekam er mit der anderen Hand Sina zu fassen. Er schob sie auf den Sitz neben ihre zur Seite rutschende Schwester. Ruhig bleiben, mahnte er sich immer wieder, nur ruhig bleiben. Die Kinder aus der Gefahr retten. Nicht aus der Fassung geraten! Wenigstens war noch keine Hornisse bis in den Wagen vorgedrungen. Oder hatte er nur noch keine bemerkt?

Für den Bruchteil einer Sekunde verharrte er reglos in seiner vorgebeugten Stellung. Da passierte es zum ersten Mal: Ausgerechnet in diesem Moment der Angst um seine Kinder spürte er sie, diese unvermittelt einsetzende, unerklärlich absurde Freude. Am liebsten hätte er plötzlich entspannt ein Lied gesummt.

Gerade noch so überwog letztlich der Wunsch, Sina und Leonie zu schützen. Jens schlug die Tür zu, lief um den Wagen herum, kletterte auf den Fahrersitz, schloss die vordere Tür und wollte vom Hof fahren. Überdachte im selben Moment schon die nächsten Schritte: Wenn hier so viele Hornissen herumschwirrten, war vielleicht ihr Nest nicht weit. Er musste sich sofort darum kümmern, die Feuerwehr rufen…

Da war es um ihn geschehen. Ohne ersichtlichen Grund waren plötzlich alle Hast und Unruhe wie weggeweht. Als hätte es nie einen Grund dafür gegeben. Jens tauchte in einen Traum ein. Lauter schwebende Wesen umgaben ihn. Sangen und umtanzten ihn wie Elfen oder Engel, wie Phantasiegeschöpfe von unbeschreiblicher Schönheit. Lachten ihn vergnügt an. Vergeblich sagte er sich, das musste eine Halluzination sein, das sah er nicht wirklich. Überall dort, wo er jetzt schwirrende Elfchen zu erblicken glaubte, waren ihm doch eben noch Hornissen entgegengesummt. So etwas wie eine innere Stimme aber antwortete schon auf den Zweifel: Na und, ist das keine wunderbare Vorstellung?

Langsam griff Jens wieder nach den Armen seiner Töchter. Er zog Sina und Leonie aus dem Auto heraus. Vergaß, dass er sie eben noch hatte beschützen wollen. Nein, wunderte sich schon darüber: Wovor eigentlich hatte er sie denn bewahren wollen? Vor diesen schwebenden Elfchen etwa? Die jetzt auch noch alle irgendwie die Gesichtszüge seiner Zwillinge hatten? Ihn als Schwarm von Sinas und Leonies umkreiste? Das ging ja wohl nicht!

Zwischendurch, für Sekundenbruchteile, verschwammen die Bilder. Da erkannte er im Hintergrund sein saniertes Gemäuer. Da waren es Insekten, die Lieder für ihn sangen. Aber schon war das Bild ein anderes. Seine Kinder waren überall. Schwebten mit Flügelchen um ihn herum. Wie in Trance rief Jens ihnen zu: „Wollen wir nicht ein paar Blumen für Mama pflücken?“ „Oh, ja“, antworteten die beiden, und zu dritt tanzten sie in den Garten. Oder waren es hundert? Jens sah einen ganzen Elfenreigen um sich herum. Er schnitt drei Rosen ab, die Mädchen flochten vier Butterblumenkränze. Setzten sich und ihrem Vater je eine Krone auf. Tanzten und tanzten. Und als Janine aus dem Dorf zurückkam, schmückten sie auch deren Kopf. Die wunderte sich überhaupt nicht und dutzende summender Hornissen freuten sich mit ihnen.

In der Dämmerung erzählte Jens Leonie und Sina wie immer eine Schlafgeschichte. Auch Janine hörte zu. Jens lag noch lange danach munter und lauschte in sich hinein. War nun alles in Ordnung oder nicht? Schließlich entschied er sich: Warum denn nicht? Es war alles in bester Ordnung.

Erst am nächsten Morgen, als sein E-Car automatisch den Weg zur Dienststelle in Berlin einschlug, fing er an zu grübeln. Sina, Leo, Janine, er selbst … Waren sie gestern alle total weggetreten? Was war da nur passiert? Kaum versuchte er in Gedanken den Ablauf des Abends nachzuzeichnen, begann sein Kopf zu schmerzen. Und wie! Immer wenn er versuchte, sich auf seine Begegnung mit den Hornissen zu konzentrieren, hätte er vor Stechen in den Schläfen brüllen mögen. Dachte er dagegen Ist ja nicht so wichtig, fühlte er sich entspannt und die Schmerzen verschwanden von einer Sekunde zur nächsten.

Also ließ es Jens an diesem Vormittag dabei bewenden. Er alarmierte nicht die Feuerwehr, er sprach Janine nicht auf die Hornissen an, und er erzählte auch seinen Kollegen nichts von der Sache. Es war ja klar, wozu die ihm geraten hätten. Ruf die Feuerwehr und geh zum Psychiater! Und gelacht hätten sie natürlich wieder über ihn.

In den folgenden Tagen fuhr er stets beschwingt nach Hause. Im Auto trällerte er vor sich hin ... egal, worüber er sich im Büro geärgert haben mochte. Immer neu begeisterte Jens das Gefühl, er würde bald wieder bei seiner Familie sein. Darauf konnte er sich doch freuen, versuchte er seine inneren Zweifel zu beruhigen.

Bei seiner Familie? Von wegen! Du freust dich auf irgendwelche Hornissen! Wie abartig! Denk da bloß nicht weiter drüber nach. Sonst … Nein, nein, nein, mit den Hornies hängt meine Stimmung überhaupt nicht zusammen.

Hing sie natürlich doch, und Jens wusste das auch genau. Doch stand nicht auch seine ganze Familie unter deren Einfluss? Befanden sie sich alle in Gefahr? … Quatsch! Worin sollte die denn bestehen? Er musste das herausbekommen, trotz Trugbildereien und Kopfschmerz. Im selben Moment kam Jens schon der nächste Gedanke: Wenn er die anderen und sich selbst von den Hornissen befreite, ginge es ihnen schlechter als jetzt; ja, sollte er sich jemandem anvertrauen, käme er so schnell nicht mehr runter von der Psychiatercouch. Wem war denn damit geholfen? Es war doch nichts Schlimmes passiert. Jens nahm sich vor, alles zu beobachten und alles Ungewöhnliche aufzuschreiben. So, redete er sich ein, brauchte er das Angenehme nicht aufzugeben und blieb Herr der Lage. Aber was war überhaupt ungewöhnlich?

 

An einem Sonnabend feierten sie Erntefest im Dorf. Abends hatten Jens und Janine ihre Töchter ins Bett gebracht. Am Sonntagmorgen kamen sie gegen vier Uhr beschwipst zurück. Es war schon hell, aber noch kühl.

 „So, jetzt werde ich das Nest ausräuchern“, rief Jens, berauscht vom Alkohol. Nichts war da von dem, was sonst von den Hornissen ausging. Jens fühlte sich ihnen überlegen. Vergeblich versuchte Janine, ihn ins Haus zu zerren. „Lass mich“, schüttelte er sie ab. „Diese Viecher! Jetzt sind sie fällig.“

 „Lass doch, Jens!“

Doch, nein. Sein Jagdfieber war nicht zu besänftigen. „Am liebsten hausen Hornissen in Mauervorsprüngen“, erklärte er im Brustton der Überzeugung. „Da kannst du Martin fragen. Der hat schon mal Hornissen gehabt.“ Nur mit großer Mühe gelang es ihm, nicht zu lallen. Sorgsam suchte er mit Augen und Fingerspitzen die Wand seines Hauses zum Hof und ihre Umgebung ab. Und wirklich! „Komm her! Na, siehst du!“ Diesmal schliefen die Hornissen, und Jens zeigte Janine das Nest neben dem Kellerfenster. „Das pack ich mit dem Kescher und schmeiß es in den Quadder.“

Janine verkniff sich ihren Kommentar. Allein die Vorstellung, wie Jens das Nest aus der Mauerlücke in den Kescher bekommen wollte, überforderte ihr Vorstellungsvermögen … und seines wahrscheinlich auch. Es gelang Janine, Jens vom Keller weg in den Korridor zu ziehen. In der Schlafzimmertür hatte er sein Vorhaben längst vergessen.

Halbwegs ausgeschlafen sah zur Mittagsstunde in den Hornissen wieder liebenswerte Insekten. Wann immer sie von nun an in seiner Nähe schwärmten, lösten sie Hochstimmungen aus. Jens konnte sich nicht von ihnen losreißen. Warum auch, dachte er, wenn er denn einmal dachte: Mindestens auf Leo und Sina haben sie einen positiven Einfluss. Die beiden haben sich in der ganzen Zeit kein einziges Mal mehr gestritten, und in der Schule sind sie nun die besten Schüler. Durfte er das nicht zerstören? Die Ausreden summten in Jens´ Kopf wie ein Hornissenschwarm. 

 

Das Nest überwinterte. Nichts schien sich im nächsten Jahr verändert zu haben. Was also sollte dieser dumme Scherz? Wer hatte nur von dieser Sache Wind bekommen?

… „So nun ist genug. Ihr habt euern Spaß gehabt, und nun lasst mich in Ruhe.“

Doch die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung blieb dabei. Jens solle sofort kommen. Seine Töchter Sina und Leonie seien von Hornissen angefallen worden. Sie schwebten in Lebensgefahr. Auch seine Frau Janine habe es erwischt. Sie habe versucht, die Mädchen aus dem wütenden Schwarm zu befreien.

Noch immer wehrte sich jede Pore an Jens, etwas von dieser Vorstellung aufzunehmen. Dann aber raste er los zum Krankenhaus.

Es war ernst. Wie die aussahen! Und wie wichtig es war, nicht auszurufen, „Wie seht ihr denn aus?“ Aber Jens Gesicht sprach sicher Bände. Jens blieb bis zum Abend. Fuhr absolut verunsichert aufs Grundstück. Fürchtete sich vor dem Schlafengehen! Die entstellten Gesichter der Mädchen und Janines, ihre aufgequollenen Lippen … allergische Reaktion … Das würde Träume geben! Albträume dazu zu sagen, wäre die blanke Untertreibung. Dachte Jens.

Doch was geschah? Entsetzt bemerkte er schon beim Einschlafen, dass er die Hornissen mehr als seine Familie vermisste. Dass ihn die Vorstellung plagte, dass die Feuerwehr das Nest entfernt hatte. War er krank?

Nach einer Woche waren Janine, Sina und Leonie wieder daheim. Jens freute sich natürlich darüber. Doch wo war dieses Glücksgefühl geblieben, das im letzten Jahr von den Hornissen ausgegangen war? Warum waren dieselben erst so harmlosen Wesen plötzlich wie Feinde über seine Familie hergefallen? Wie hatte das nur passieren können? Was war inzwischen anders? Die letzte Frage beschäftigte Jens am meisten. Er ging alle Möglichkeiten durch. Es war absolut alles beim Alten. Das Haus, die Umgebung, das Wetter, die Kinder ... Halt! „Sagt mal, benutzt ihr neuerdings ein Parfüm oder Deo oder so? So was reizt Insekten manchmal.“

„Aber Papa, wir doch nicht!“

Also auch das nicht.

Eine lange Liste von unglaublichen und weniger unglaublichen Möglichkeiten, und eine nach der anderen gestrichen. Zuletzt blieb nur eine übrig: Er hatte im Winter den Keller aufgeräumt, in dessen Mauerspalt das Hornissennest verborgen gewesen war. Aber was sollte das eine mit dem anderen zu tun haben? Er war doch nicht an das Nest herangekommen. Was für ein seltsamer Fall in der Schublade „ungelöst“ …

 

Todeserwachen

Kaum hatte sich Rahman an seine neue Umgebung gewöhnt, wurde er Spitze – und nicht nur im Empfangen von Schmachtblicken der Mädchen. Bald schon wollten die meisten bei Klassenarbeiten in seiner Nähe sitzen, um abzuschreiben oder seine Lösungszettel zugeschoben zu bekommen. Warum sollte er dann nicht Medizin studieren? Klar, damit kostete er seine Familie viel Geld und er zog aus der gerade gewonnenen Heimat schon wieder weg nach Berlin, aber mit dem Versprechen, sich nach dem Studium um eine Stelle an der mecklenburgischen Landesklinik zu bewerben, besänftigte er seine Eltern sofort. Der Vater sah seinen Sohn schon als künftigen Chefarzt. Da machte es auch nichts, als die erste Bewerbung trotz eines hervorragenden Staatsexamens scheiterte. So blieb Rahman vorerst in seiner Studentenbude in Berlin, um seinen Doktor der Medizin zu machen – das hoffte zumindest die Familie. 

Von Rahmans Versuchen, seiner Kugel ihr Geheimnis zu entlocken, ahnten sie natürlich nichts. So hatte Rahman während des Studiums die Kugel einem künftigen Zahnarzt gezeigt. Man müsse eben, entschied dieser überzeugt und im Vollbesitz eines nicht unerheblichen Alkoholpegels, mittels eines Zahnbohrers ein Loch in die Oberfläche des merkwürdigen Objekts bohren. Unglücklicherweise machten sich beide sofort ans Werk. Die Folge dieses besonderen wissenschaftlichen Experiments war niederschmetternd. Der Bohrer zerbrach wie die Freundschaft der beiden Studenten, als sich abzeichnete, wie hoch der nächtliche Schaden beziffert wurde. Dabei hatten sie eines trotzdem nicht geschafft: Die Oberfläche der Kugel war nicht einmal angeritzt. Der andere Student ging Rahman von da an aus dem Weg.

Rahman entschied für sich, von nun an jedes wissenschaftliche Interesse an diesem nichtdentalen Medium geheim zu halten, war die ganze Angelegenheit doch dadurch ins Rollen gekommen, dass er erzählt hatte, wie er kurz zuvor ähnlich den Versuchen auf Näswerder, mit dem Hammer auf die Kugel eingedroschen hatte. Immerhin war er jetzt stärker und geschickter als damals, hatte er angesichts der gemeinschaftlich gelehrten Flaschen erklärt. Und dass er, genauso wie als Kind, abgerutscht war, ohne Wirkung zu erzielen. Die unscheinbar graue Kugel schien ihn verspotten zu wollen. Was er auch tat, er erreichte nichts. Sollte er vielleicht aufs Dach steigen, um sie aufs Pflaster herunterfallen zu lassen? Wahrscheinlich zertrümmerte er damit eher ein Stück Straße als den Kern der Kugel freizulegen. Das hatte dann die Absicht seines Kommilitonen provoziert, dem Ding mal richtig auf den Zahn zu fühlen.

Nie wieder so einen Mist!

Der Vorsatz hielt allerdings nicht lange. Die Wendung brachte eine sich anbahnende Freundschaft mit einer Röntgenassistentin. Dass er nicht früher auf die Idee gekommen war! Warum nicht erst einmal nachsehen, ob etwas drin war in dem Ding?

„Ja, es ist verrückt. Aber das Ding beschäftigt mich schon seit meiner Kinderzeit. Es schadet doch nichts. Du durchleuchtest die Kugel in einer Pause. Ich tue, als wäre ich Patient und verschwinde mit dem Ding sofort wieder.“

Sie konnte ihm seine Bitte nicht abschlagen. Sie freute dich ja, dass er noch etwas verrückter schien als die Männer, die sie bisher kennen gelernt hatte, aber sie war noch in der Ausbildung. Also geschah alles zwischendurch. Schnell ein paar Röntgenbilder, für die eigentlich Rahman in die Kabine gegangen war … „Entschuldige, ich hab ein paar Bilder mehr gemacht. Das macht doch wohl nichts bei so einer toten Kugel, oder?“ Das war natürlich eine naive Frage. Aber Rahmen ahnte das nicht und er hatte längst ein anderes Problem als die technische Abrechnung der Röntgenuntersuchungen:

Als er, spitzbübisch feixend, die Kugel schnell in seinem Rucksack hatte verschwinden lassen, schien sie bläulich zu schimmern. Und Rahman war absolut nüchtern.

Abends, als er sein Schwurstück ungestört genauer betrachtete, konnte er sich nicht entscheiden. Entweder war ihm dieses Schimmern nie aufgefallen oder er bildete es sich ein. So schwach war es. Vielleicht war es trotzdem besser, sich eine Bleimatte zu besorgen, und das Objekt der Untersuchung darin einzupacken. Man konnte ja nicht wissen…

Doch! Wenn er abends die Kugel auf den Tisch legte, das Licht ausknipste und lange genug gewartet hatte, um die Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, dann war er sich sicher: Da flimmerte etwas bläulich. Und das hing nicht mit seinem Zustand zusammen.

Zwei Röntgenaufnahmen hatte er mitbekommen.

„Also ich weiß nicht, was das soll…“

Das wusste er doch auch nicht. Genau genommen war darauf eine starke Aufhellung mit scharfen Konturen in der Mitte zu erkennen. Das kribbelte ungeheuerlich: In der Kugel war etwas verborgen. „Das wäre doch einmal ein Grund zur Freude, wenn die unscheinbare Schale vielleicht so etwas wie einen Edelstein von gewaltigen Ausmaßen verbirgt, oder?“

Die Röntgenassistentin hatte sich von Rahmans Lachen anstecken lassen. Es wurde ein schöner gemeinsamer Abend.

Sicher war nur eines: Den Kern seiner Kugel bildete ein ansonsten vollkommen ebenmäßig geformter fremdartiger Körper. Ein Kristall so groß wie ein Hühnerei mit abgerundeten Ecken! Andererseits war die Kugel fast so leicht wie ein Ball! Jeder Kern dieser Größe hätte für sich allein schon schwerer sein müssen!

In der folgenden Woche besuchte Rahman einen Freund in dessen Werkstatt. Pedro hatte einen eigentümlichen Grund zu feiern: Seine letzte Freundin hatte ihn abserviert. Vielleicht hätte er zugeben sollen, was er wirklich vorhatte: Ein Frustsaufen. Egal. Piet und Norman waren dabei und Rahman, natürlich. Keinem fiel auf, wie sehr der sich beim Trinken zurückhielt. Trotzdem hatte die Truppe schon früh alle Reserven aufgebraucht. So stiegen Piet und Norman aus dem Wetttrinken aus.

„Bleibst wenigstens du noch?“

Pedros Frage kam Rahmen gerade recht.

„Klar“, antwortete er. Jetzt war es so weit. Pedro brachte die anderen zur Tür – und ging runter, Bier holen. Die Zeit musste reichen. Kaum war Rahman allein, lief er zur Werkstatt, holte seine Kugel hervor, spannte sie in einen Schraubstock und setzte einen von Pedros Spezialbohrern an. Es war wie ein Rausch. Zugegeben: Etwas Alkohol hatte er im Blut. Seine Bewegungen waren nicht gerade die eines Arztes. Aber er hatte es eilig. Ihm ging dabei nur die Sache mit dem Zahnarzt durch den Kopf. Dieser Reinfall, den er Pedro gegenüber nicht eingestehen wollte – dabei dachte er überhaupt nicht daran, dass er ja irgendeine Geschichte erzählen musste, wenn auch Pedros Bohrer zu Bruch gehen sollte. Rahman fing einfach an.

Der Bohrer senkte sich langsam, setzte auf, es stoben ein paar Funken zur Seite, es gab ein schrilles Geräusch und … der Bohrer drang ein, als hätte er ganz normales butterweiches Holz vor sich! Rahman drückte den Rückwärtsgang. Tatsächlich: In der bisher so unverwüstlichen Oberfläche war ein winziges Loch. Zitternd suchte Rahman nach größeren Bohrern. „Das Loch“, murmelte er vor sich hin, „ich muss es vergrößern…“

Ein Wunder geschah: Er verletzte sich nicht. Er hörte sogar Pedro rechtzeitig kommen, steckte die Kugel in die Tasche, blies den Staub zur Seite, rannte zurück ins Wohnzimmer …

Als Pedro die Tür öffnete, hatte Rahman sich so hingefläzt, als hätte er die ganze Zeit sehnsüchtig auf Nachschub gewartet. Aus Begeisterung über den Erfolg trank er mit Pedro mit, bis beide nicht mehr konnten und wollten.

Rahman konnte es kaum aushalten. Er erklärte seinen Eltern, er habe am Wochenende wieder einmal Dienst. Dann rüstete er sich mit unterschiedlichsten Werkzeugen aus. Es sollte ein richtiges technisches Wochenende werden. Dachte er.

Er irrte. All sein Werkzeug brauchte er nicht. Am Freitagabend drückte er nur er probeweise die Spitze eines Nagels leicht auf das Bohrloch und klopfte mit dem Hammer darauf. Schon passierte es. Die Schale zerplatzte einfach.

Verwundert starrte Rahman auf die Reste der Kugel, die ihn vom Tisch aus staubig angrinsten: Da lag etwas, was verdächtig an ein benutztes Kondom erinnerte, nämlich die äußere Kugelhülle mit Loch, dann lag da ein Haufen grauer Dreck, teils klumpig, teils staubkörnchenfein, aber was Rahmans Blick fesselte war natürlich der Kern, eben der, der das Röntgenbild so aufregend beherrscht hatte.

Ein schillernder und funkelnder Riesenkristall. Rahman nahm ihn in die Hand, putze ihn blank, genoss das Licht, dass aus ihm zurückstrahlte und presste ihn schließlich fest an sich. Ja, seine Faust schien zu glühen, Wärme auszustrahlen, die wohlig durch den ganzen Körper floss. Ein Glückstaumel. Rahman fühlte sich federleicht. Benommen. Berauscht. Fast im selben Moment aber auch tonnenschwer müde. Er schwankte, summte vor sich hin, wiegte sich wie eine maskuline Bauchtänzerin in den Hüften. Dabei zog er sich in Gedanken versunken aus und legte sich ins Bett. Natürlich ließ er während der ganzen Zeit seinen Kristall nicht eine Sekunde los. Er barg ihn in der rechten Hand. Mit der linken streifte er Hemd und Hose vom Körper. Ließ sie am Boden liegen und sich ins Bett fallen. Einhändig zog er die Decke über den Körper.

Welch ein Gefühl! Ein unbeschreiblich wertvoller Kristall. Ein sich kurz aufbäumender Gedanke: Rahman, schon morgen haben sich alle Illusionen in Wohlgefallen aufgelöst. Du erkennst ja nicht einmal den Unterschied zwischen einem Edelstein und einem ziemlich wertlosen Bergkristall. Wenigstens für diese eine Nacht bin ich reich, antwortete er sich. Dabei vergaß er sich zu wundern. Wer wird schon so unvermittelt müde und schläft dann nicht ein?

Irgendwann musste er doch eingeschlafen sein. Diese schwebenden, ihn gnadenlos jagenden Kristalle … Grrr! Und dieser leere Raum. Er war gerannt und gerannt, hatte keine Luft mehr bekommen, … und hätte jetzt schweißgebadet feststellen müssen, dass er sich die Decke über den Kopf gezogen hatte, dann wäre es ein wunderschöner Albtraum gewesen zum Weitererzählen.

Aber die Unruhe nahm eher noch zu, jetzt, da er, mit trockener Haut und ohne Decke überm Kopf, aufgewacht war. Wirklich aufgewacht? Ganz sicher? Vielleicht war er nur von einem Traum in den nächsten geraten?

Neben ihm zischte etwas. Das war nicht möglich. Rahman hatte doch das Zimmer von innen verriegelt und sein Zimmergefährte war übers Wochenende abgeholt worden. Es konnte also niemand im Raum sein und zischen konnte auch nichts.

Am liebsten hätte Rahman laut „Ist da wer?“ gerufen. Geantwortet, „Ja. Ich!“ und gelacht. Aber dafür war das Rauschen zu deutlich. Es hörte sich an, als ob Gas aus einem Rohr ausströmte. Oder, nein, das Geräusch in seinem Zimmer wurde deutlicher, es kam näher. Rahman atmete ein, aus, ein … Er hielt den Atem an. Kein Zweifel: Etwas rauschte vom Tisch her auf ihn zu und das war, so sehr er sich das gewünscht hätte, nicht sein Rausch.

Es wurde immer heller. Der ganze Raum war von blauem Dämmerlicht erfüllt. Das kam vom Nachttisch.

Die Lampe verbreitete normalerweise natürlich kein blaues Licht, und Rahman hatte sie sowieso erst anschalten wollen. Sein linker Zeigefinger hing noch auf dem Weg zum Lichtschalter in der Luft.

Rahman lag da wie erstarrt. Der Lampenschirm! Ungläubig klebte Rahmans Blick auf dem bisher so herrlich kitschigen Muster. Wie sich der Schirm veränderte. Sich bewegte. Das war … Also er schäumte kurz auf. Ebenso kurz glitzerte er wie von Eiskristallen überzogen. Dann verlor er jede Kontur und schmolz. Auch der Schreibtisch darunter sackte wie in einer Computersimulation zu einem zähen Brei zusammen.

Rahmans Blick verfolgte fassungslos die tropfenförmigen Etwasse, die über seine Einrichtung hinwegspritzten. Bläulich leuchtende, sich scheinbar aus eigener Kraft bewegende Tropfen. Ja, wirklich: Die hüpften! Wie lebendig! Immer dort, wo sie auftauchten, lösten sich die gewohnten Dinge in Dreckbrei auf. Die Tropfen veränderten ständig ihre Gestalt. Strahlten, glühten, teilten sich. Sprangen weiter, wo alles zu Brei geworden war, wo nichts mehr stand oder lag …

Und Rahman lag in seinem Bett! Wenn sie so weiter machten, hätten sie es bald erreicht! Sich selbst umherspritzend, hüpfend…

Ein Traum! Ein Albtraum! Rahman, wach auf!

Dumm nur, er kam sich wahnsinnig munter dabei vor. Und das Kneifen mit der linken Hand verursachte wahnsinnige Schmerzen. Mehr als man träumen konnte. Trotzdem: Wo gab es so etwas sonst? Vor lauter Angst, Schreck oder was auch immer bekam Rahman keinen Laut über die Lippen. Er rührte sich nicht. 

Gerade noch rechtzeitig, bevor die ersten Tropfen das Bett erreichten, schnellte er dann doch hoch. Landete artistisch auf dem Fensterbrett, dem einzigen Rest seines Zimmers, den die Tropfen noch nicht erobert hatten. Den Weg zur Tür hatten sie versperrt, Tisch und Stühle in der Zimmermitte waren im Brei verschwunden.

Vor Rahmans Augen verwandelte sich das Bett, in dem er eben noch gelegen hatte, sich erst in etwas Glitzerndes. Dann löste es sich auf. Mit etwas tieferem Schlaf hätte er schon schlammige Ruhe.

Mühsam suchte Rahman nach Ordnung in den Gedanken.

Einmal angenommen, er sah, was er sah, was sah er dann? Verwandlungen, die immer mit einer Schaumwolke begannen, auf der die ersten Tropfen ritten. Dann Eiskristalle auf der bisher gewohnten Zimmereinrichtung, auf die er notfalls auch verzichten konnte, und dann schmolz alles zu einer breiigen Masse zusammen. Wenn er nicht schnellstens einen Fluchtweg fand, dann konnte er sich schon einmal einen Breiklumpen aussuchen, in den er aufgehen würde.

Eine Schaumwolke näherte sich ihm. Inzwischen war auch der letzte Schrank verschwunden. Der Raum war leer. Bis auf den Brei und die lebhaft funkelnden Tropfen an seinen Rändern. Die Zimmertür sank zusammen. Löste sich auf. Gab dem träge fließenden Strom den Weg nach draußen frei …

Rahman schöpfte wieder Hoffnung. Unmengen blau funkelnder Tropfen spritzten weg auf den Flur. Fließt nur, fließt! Sucht euch was anderes!

Warum bildete er sich ein, dass ein Teil dieser Misttropfen an der Mauer nagten und zu ihm hochzuspringen versuchten? Weg, weg!

Die Tropfen ließen ihm immer weniger freien Raum. Scheinbar gezielt rückten sie gegen ihn vor, langsam, aber unerbittlich. Holten sich immer mehr Brüder, Schwestern und gefräßige Nichten, obwohl sie doch längst über den Flur hätten abfließen können.

Rahman krallte sich mit einer Hand am Fensterkreuz fest, mit der anderen umklammerte er noch immer seinen Kristall. Er brüllte um Hilfe. Hoffte für einen Moment, dass ihn niemand hören möge. Für den konnte es doch nur genauso ausgehen wie für ihn selbst. 

Ihm blieb nur eine Chance: Raus! Da waren zwar ein paar Etagen bis unten, aber …Nur raus hier! Draußen …

Schon hatte Rahman das Fenster aufgerissen. Mit einer Windbö klatschte erfrischender Regen ins Zimmer. Dort, wo er auf die funkelnden Tropfen traf, zischte es und … denkste: Nichts war gelöscht. Im Gegenteil! Einige Breimacher spritzten nach oben. Wieder einige von ihnen erreichten Rahman. Nicht viele, aber das war wohl egal. Er merkte es ja nicht mehr. Er hatte sich gerade etwas nach draußen gebeugt, da begann seine Umwandlung. Als eine Glitzerpuppe war der vorgebeugte Teil schwerer als das Beinstück. Das ganze Ding, was einmal Rahman gewesen war, stürzte zum Fenster hinaus. Auf dem Trottoir prallte es auf und zerbrach. In weitem Halbkreis verteilten sich die Bruchstücke. Rahmans Hand am abgebrochenen Unterarm umklammerte noch immer den Kristall und bot sich sofort als künftiges interessantes Fundstück dar. Vielleicht mit zwei Zehntelsekunden Unterschied hätte die ganze Puppe eine Jahrhunderte überdauernde Festigkeit gewonnen. Bevor sie pampig geworden wäre. So aber sprangen die wenigen Tropfen, die mit abgestürzt waren, von ihrem absolut unvollendeten Werk in unbekannte Richtungen davon.

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 Die sieben Kugeln
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