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Pulices libidinosi (Die Liebesflöhe) (veröffentlicht sowohl in “Der Mann, der Anna Roth wurde” als auch in “Dreizehn und eine Liebesgeschichte)

 Auch die Frauen müssen wollen, ob sie wollen oder nicht...

Vögmann arbeitete daran. Genauer, er leitete den Forschungsbereich “Sexuelle Stimulationen”. Und sein Konzern erwartete endlich Erfolge im Marktsegment “femininer Libido”.

Männer waren fast immer damit beschäftigt, beim Sex ihre Männlichkeit zu beweisen. Lieber halfen sie heimlich mit Chemie nach, ehe sie sich niederhängend blamierten. Doch was es dafür gab hatten andere patentiert.

Die Pille zur Maximierung weiblicher Lust war für den Konzern zum Reinfall geworden. Entweder waren die Frauen wirklich bereit – dann brauchten sie keine Pillen – oder sie wollten nicht, dann wollten sie eben nicht, anstatt sich in Lust zu schlucken. Ihre Gedanken musste man(n) also vorher auf den Intimbereich richten, möglichst unauffällig, ja, am besten ohne ihr Wissen und ihre Mitwirkung.  

Bei der Suche nach passenden Partnern waren Vögmann die Menschenflöhe (pulices irritans) aufgefallen. Diesen Tieren hatte die Natur einen Sinn mitgegeben für die zum Einstich geeigneten Körperstellen und einen Injektionsstoff gegen Blutgerinnung. Nur verursachte der ein zum Kratzen schlimmes Jucken.

Jedoch, brütete das männliche Forscherhirn, wenn sich durch genetische Veränderungen dieses Jucken plötzlich in ein lüsternes, wohliges Kribbeln verwandeln ließe? Den Flöhen der Vaginalbereich als bester Einstichort erschiene? War das kein wichtiges Ziel? Vor allem eines, das dem Konzern einen kaum erschlossenen Markt eröffnete? Ob sich nun Frauen auf den Männerempfang vorbereiteten oder umgekehrt die die Frauen erweichten, war doch für den Umsatz egal.

Endlich gelang es: Die ersten Flöhen spritzten ihren Wirtsfrauen einen Botenstoff, unter dessen Einwirkung den Probandinnen Liebessäfte sprudelten, dass es ein reines Badevergnügen war.

Das eröffnete einen Wettbewerb um den passenden Namen für die neuen Geschöpfe. Allein das Wort “Floh” löst ja schon ein unangenehmes Jucken aus! So konnte man die versoffenen kleinen G-Punkt-Kenner wirklich nicht nennen, wenn sie jemand kaufen sollte. Mit dem Vorschlag “Lustos®” waren dann alle zufrieden.

Nur Maria nicht. Sie war voll Kummer. Ihr heimlicher Geliebter Angelo war der testgebissenen weiblichen Probandinnengruppe in die entfesselten Kräfte geraten – ein Anfall-Unfall. Man hatte die Damen mühsam von Angelos Männlichkeit lösen können, doch die war nun durch nichts und niemanden mehr wieder aufzurichten. Der ehemals tolle Liebhaber wollte das nicht eingestehen, sich nicht und der kaum lustosbedürftigen Maria gegenüber schon gar nicht. Weshalb er nun immer gerade jetzt nicht wollte...

In einem ersten Anflug von Hass hatte Maria die “Höllenflöhe” umbringen wollen. Aber warum sollten andere Frauen an deren Männern nicht erfahren, was sie mit dem ihren durchmachte?

Erst die Lustos der letzten Entwicklungsstufe ließen sich in ihrer Fortpflanzung steuern. Das war Bedingung für ihre Marktreife. Die vorige Lustflohreihe hatte sich noch ungebremst hemmungslos vermehrt. Maria brauchte von denen nur wenige Exemplare aus dem Forschungsbereich zu schmuggeln, um sie in einem Brutkasten zu einer gewaltigen Lustoskugel aufquellen zu lassen.

Zur selben Zeit, da Maria am Strand den Deckel der mit diesen beißwütigen Tieren überfüllten Kühlbox hob, öffnete in der Chefetage des Konzerns der Forschungschef seine Berichtsmappe zur Vorstandsberatung. Und während er mit einer blumigen Rede die Revolution der sexuellen Stimulation verkündete – unter Hervorhebung der großen Rolle des eigenen Konzerns und seiner Forschungsabteilung - hatte Maria in ihrem Bikinislip am FKK-Strand ganz andere Sorgen. Würde ihre Dämpfungscreme wirken? Würde das Video über den ersten nicht im Forschungsplan vorgesehenen Großversuch unter Freilandbedingungen gelingen?

Marias erstes Beobachtungsobjekt war eine etwa 20jährige Frau. Die las auf dem Bauch liegend ein Buch. Kaum war das Lustosvolk aus seinem Gefängnis befreit, wurde sie unruhig. Sie legte das Buch zur Seite, griff sich zwischen die Schenkel, ihr Atem ging schneller und stoßweise, eine Hand schien etwas unter den Bauch zu pressen, bis die Gebissene einen einzelnen Jungen im Sand liegen sah. Auf den stürzte sie sich, ohne auf etwas anderes zu achten. Vor Ungeduld zerkratzte sie ihm die Oberarme, weil er in seinem Schreck nicht gleich in der Lage war, sich in sie zu vertiefen.

Niemand außer Maria nahm davon Notiz. Alle Frauen hatten eventuelle andere Gedanken unter den Bauchnabel verdrängt und ihre Männer gepackt, bevor die irgend etwas begriffen. Selbst solche, die gerade auf dem Bauch gelegen hatten, wurden von eigenen oder fremden Frauen wehrlos ermannt.

Vergeblich reckten Schwimmer in Ufernähe ihre Köpfe über die Wasseroberfläche. Nach Männerhäuptern stand den angreifenden lustosanimierten Weiblichkeiten der Sinn wahrlich zu aller Letzt. Nur ein kleines Teil war zur sofortigen Notbehandlung der Stichfolgen geeignet.

Das alles bannte Maria auf Video. Die Gelustosten schien das überhaupt nicht zu interessieren. Sie stillten ihren Hunger in totaler Selbstvergessenheit. Warum eigentlich sollte ausgerechnet ich zu kurz kommen, ging es Maria durch den Kopf. Wo gerade diese beiden entsetzten Spanner aufgetaucht waren? Mit sich beulenden Shorts und nichts begreifenden Mannsgesichtern? Also weg mit dem Slip und hoffentlich taugte die Dämpfungscreme doch nicht.

Sie rannte los. Längst war die Videokamera umgekippt. Das Mikrofon hatte der Sandstrand verschluckt, als wäre auch er eine Frau.

Von all dem erfuhren die Vorstandsmitglieder nichts mehr.

In der Überzeugung, den Weg zu einem Stück mehr Macht gebahnt zu haben, erhoben sie sich nach mehrstündiger Beratung über Investitionsumfang und Profitaussichten von ihren Plätzen. Der Forschungschef sprang dienst- und beförderungsbeflissen vor den anderen her, riss die schallschluckende Tür auf und ... wurde von der splitternackten Chefsekretärin an der Spitze entfesselter Frauen abgefangen.

Überall auf der Welt versteckten sich vereinzelte unbenutzte Männer in unwegsamen Gegenden vor dem triebhaften Rausch der sie jagenden hemmungslosen Lustosinfizierten. Jäger wie Gejagte würden, wenn sie nicht vorher verhungerten, langfristig auf jeden Fall aussterben. So wie die Pulices libidinosi  (menschenfreundlich Lustos® genannt) - später - ohne Frauen.

 

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